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Deutschland (Winterzeit) | Panama
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Winter 2022 / 2023
17. Bericht – 06.03.2023
Bei Dunkelheit und nach einem 1,5-stündigen Flug landen wir in der Hauptstadt und größten Stadt Panamas, in Panama City. Ein Lichtermeer, eine Skyline, wie wir es noch nie erlebt haben – gigantisch, fantastisch!
Auch hier werden wir einen unfreiwilligen Hotelaufenthalt verbringen müssen, bis es im eigenen „Hotel“ weiter gehen kann. Eine 3-wöchige Rundreise haben wir für dieses kleine Land (nur ein Fünftel der Größe Deutschlands), das die schmalste Stelle zwischen Atlantik und Pazifik bildet, eingeplant. Hier im südlichsten Mittelamerika herrscht tropisches Klima mit zwei Jahreszeiten: eine Trockenzeit von Januar bis April und eine Regenzeit von Mai bis Dezember. Jetzt, kurz vor Weihnachten, ist Ende der Regenzeit. Die Temperaturen steigen stetig, meist um die 36 Grad.
Vom Zimmer aus 9 Stockwerke tiefer brodelt der Verkehr. Nur zu gerne überlasse ich jetzt Stephan, der diesen Blick genießen kann, das Bett an der bodentiefen Fensterfront.
Unsere 1. Erkundungstour zu Fuß führt uns auf der 3,5 Kilometer langen und schön angelegten Strandpromenade entlang des Pazifiks, die dieses Geschäftsviertel mit der Altstadt verbindet. Für eingerostete Spaziergänger wie uns, noch dazu bei dieser Hitze, ein anstrengendes Unterfangen. Beruhigend zu wissen, dass auf einen kurzen Wink hin sofort ein Taxi unsere strapazierten Füße zum Hotel zurückbringen wird. Von hier können wir unser „kleines“, rundes 19-stöckiges Hotel, umgeben von echten Hochhausgiganten, ausmachen. Ein strenger Geruch bei Ebbe motiviert nicht, die Badehose auszupacken. Wir beschränken uns auf die hoteleigene Poolanlage.
Mit dem Hop-On–Hop-Off-Bus verschaffen wir uns einen ersten Eindruck von dieser megamodernen Stadt. Kein lateinamerikanisches Land wächst wohl schneller als Panama. Hier zu sehen anhand der atemberaubenden Kulisse der Bürotürme. Glasflächen spiegeln sich in Glasflächen. Altes neben Modernem. Noble Stadtvillen neben einst sehr schönen, doch jetzt verwahrlost und verlassen. Architektonische Kostbarkeiten. Es boomt an allen Ecken und Enden. Viele grüne und schattenspendende Parkanlagen laden die Großstädter zum Verweilen und Luftholen ein. Wir passieren den Fischmarkt, den man riecht, bevor man ihn sieht. Vorbei geht’s am Biomuseum mit der futuristischen Architektur. Weiter auf dem Damm mit dem Blick auf die Silhouette der Stadt, auf die Altstadt, die Brücke de las Americas und auf die Schlange der wartenden Schiffe bei der Einfahrt in den Panamakanal. Dieser Damm (Calgada de Amador) zu den 3 vorgelagerten Inseln soll die einfahrenden Schiffe vor starken Winden schützen. Der Kanal ist der einzige Ort der Welt, an dem der Kapitän das Kommando an einen Lotsen abgeben muss. Diese müssen immer Panamesen sein und werden entsprechend in Panama City ausgebildet. Am größten Einkaufszentrum Mittelamerikas, der Albrook Mall mit 700 Geschäften, verlassen die meisten den Bus. Wir fahren weiter zum legendären Panamakanal vorbei an Vierteln, in denen die andere Seite des Booms zu sehen ist – die Armut, wo kaum was von dem Boom ankommt.
Panama wird vor allem in Europa mit diesem Kanal in Verbindung gebracht. Dieses Land lebt vom Transit und der Containerwirtschaft, dem Schiffsverkehr und den Banken und vor allem von dieser 80 km langen Geldmaschine, eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt, die den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, seit Ende 1999 unter panamaischer Flagge steht und vor allem von China, Japan und den USA genutzt wird. Seit 1914 verkürzt sie die Schiffsroute um die Südspitze Amerikas. Bereits 1879 haben die Franzosen mit dem Bau begonnen, doch Gelbfieber und Malaria setzten dem Vorhaben ein Ende. Nach längerer Unterbrechung beendeten die Amerikaner das Projekt. Diese Seestrecke und die Durchquerung Panamas nach Kalifornien war damals immer noch sicherer als die längere Fahrt durch Nordamerika, auf der man mit Pferdewagen den feindlichen Indianern ausgesetzt war. 1855 fuhr der 1. Zug auf der Ost-West-Bahnlinie, die 1869 fertig gestellt wurde. Auf nur 76 km waren 304 Brücken und Tunnel notwendig. Mit 8 Mio. US Dollar war sie zu ihrer Zeit die teuerste je gebaute Zugstrecke. Vor allem Silber und Gold wurden auf dem Landweg befördert. 1913 war hier die höchste Auslastung pro Kilometer aller Zugstrecken der Welt. Doch auch dieses monumentale Bauprojekt durch den Dschungel und die Berge hat man unterschätzt, es gab schätzungsweise 20.000 Tote. Seinerzeit wusste man noch nicht, dass Moskitos Krankheitsüberträger von Malaria und Gelbfieber sind. Ein großes Problem war die Entsorgung der Leichen. Lösung: Sie wurden in Fässern konserviert und an medizinische Fakultäten verschickt. Vom Erlös wurde in der panamaischen Kanalzone ein Krankenhaus gebaut.
In holzvertäfelten Waggons mit Teppichen, Jalousien und Aussichtsbereichen reisten die gutbetuchten Fahrgäste. Zu gerne hätten wir, auch ohne diesen Luxus, die Bahnfahrt von Panama City nach Colón, die noch immer zu den schönsten Zugreisen Amerikas zählt, unternommen. Doch leider ist der Personenverkehr derzeit bis Mitte Januar eingestellt.
Nun stehen wir in brütender Mittagshitze auf der Plattform der Miraflores-Schleuse und bewundern eines der größten Bauwerke der Welt, das von 2007-2016 erweitert wurde, um noch größeren Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen. Für viele das 8. Weltwunder! Interessant, den regen Verkehr der Frachtschiffe in der beeindruckenden Anlage mit den gewaltigen Schleusentoren zu beobachten. Hier, nach dieser letzten Schleuse, erreichen sie wieder das offene Meer, den Pazifik, und die Schiffseigner sind um zwischen 200.000 – 800.000 US Dollar leichter. Dank dieser Einnahmen gehört Panama zu den reichsten Ländern Süd- und Zentralamerikas. Im Verlauf der Strecke über 3 Schleusen werden diese Ozeanriesen um 30 m angehoben bzw. abgesenkt und durchfahren den größten künstlich angelegten See, den Lago Gatún und danach einen 13 km langen Spalt durch die Berge. Aufgrund dieses Höhenunterschieds verliert der Kanal bei jeder Schleusung Millionen Liter Wasser. Der Klimawandel gefährdet den Betrieb durch Wassermangel aufgrund sinkender Niederschläge und Verdunstung zusätzlich. Der See kann die Route mit immer weniger Wasser versorgen.
Wir durchkämmen die Altstadt von Panama City mit ihren engen Gassen, Kirchen und der Kathedrale, die zu den größten Mittelamerikas gehört, doch leider geschlossen ist. Hier finden sich die ältesten Einrichtungen und Gebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Einige noch im Originalzustand erhaltenen Kolonialbauten, die schon bessere Tage gesehen haben. Hinter kolonialen Fassaden, die man stehen lässt, wird jedoch fleißig gearbeitet. Unverkennbar sind die Frauen der Kuna, einer indigenen Volksgruppe. Farbenfroh sind sie gekleidet mit roten Kopftüchern und Perlenschmuck an Beinen und Armen, woran man sie – egal wo auch immer in Panama – erkennt.
Der Park Metropolitano verfügt als einziger Stadtpark in Lateinamerika über einen tropischen Regenwald. Hier begegnen wir den ersten Brüll- und Kapuzineraffen und schönen Exemplaren des nach dem Land benannten Panama-Baumes mit unverkennbarem Wurzelwerk.
Weihnachten steht vor der Tür. Trotz Dekoration, meist viel Kitsch, will keine Festtagsstimmung aufkommen. Anders als geplant verbringen wir diese Tage im Hotel. Ein Mordsspektakel ist hier in Vorbereitung, worauf wir keine Lust haben. Mit einem schönen Essen – auf’s Zimmer bestellt – verbringen wir einen gemütlichen Abend und sind in Gedanken daheim, wo wir die nächsten Weihnachten wieder feiern werden.
Nun endlich, nach 14-tägiger Verspätung, können wir am 28. Dezember den Husky im Hafen von Colón unversehrt in Empfang nehmen. Ungeduldig, doch gut erholt nach den langen Hotelaufenthalten, sind wir gespannt auf Neues und Unbekanntes.
Der nächste Reiseabschnitt durch Mittelamerika beginnt.
Bevor es zurück nach Panama City geht, machen wir Halt im bunten Cacique und besichtigen das kleine Dorf Portobello mit seiner Festungsanlage. Dieses karibische Fischerdorf war einst der größte spanische Hafen in ganz Zentralamerika – kaum zu glauben! Oh wie schön ist Panama! Noch können wir Janoschs Kinderbuchtitel – den viele Deutsche kennen – nicht zustimmen. Einem sintflutartigen Regen die ganze Nacht durch, bis mittags tags darauf, sind wir ausgesetzt.
Lange müssen wir suchen, um einen idealen Standplatz am Strand für das Jahresende zu finden. Mal türmt sich Holzschwemmgut am Strand, mal ist dieser schattenlos und wir sind der gleißenden Sonne ausgesetzt, mal ist er von Bade- und Sonnenhungrigen überlaufen. Bei Fallarón, der Playa Blanca, einem der schönsten Strände, werden wir fündig. Gegen Mithilfe – Stephan recht Laub zusammen – können wir auf dem Restaurantparkplatz stehen, die sanitären Anlagen nutzen und leckeres Essen genießen. An Silvester hat das Lokal geschlossen, umso spektakulärer liefern sich 2 Hotels einen Wettbewerb um das schönste Feuerwerk.
Bereits morgens um 9 Uhr quält sich am Neujahrstag eine Autoschlange durch das nur aus wenigen Häusern bestehende sandige Fallarón, das seine Authentizität erhalten hat, und wartet mit lauter Musik auf den Einlass auf das Restaurantgelände. Sowohl im Lokal, in dem inzwischen ein DJ seinen Job mit ohrenbetäubender Musik angetreten hat, als auch am Strand versucht man einen guten Platz zu ergattern. Wir flüchten. In entgegengesetzter Richtung, vorbei an Blechlawinen, die sich an jedem Strandzugang stauen. Hinauf in die etwas kühleren Berge nach El Valle de Anton. Auf 600 m liegt diese Kleinstadt im zweitgrößten besiedelten Vulkankrater der Erde mit einem Durchmesser von 6 km. Viele Amerikaner haben sich hier niedergelassen und geben dem Ort ein besonderes Flair. Wanderwege, teils über beeindruckende Hängebrücken – nichts für mich! – führen durch Wälder und zu Wasserfällen. Trotz der Aussicht auf kühlendes Nass fahren wir weiter durch schöne Natur. Passieren Pintada, besichtigen die älteste Kirche (1520) Lateinamerikas mit stark ausgeprägtem indigenen Einfluss, in Nata. Einen kurzen Abstecher machen wir zu den Salinen von El Salado. Das kleine Fischerdorf bietet einen Blick in den Mangrovenwald und einen noch weiteren in die unendliche Weite des Pazifiks. Unser nächstes Ziel ist die Halbinsel Azuero.
Was für eine Ruhe herrscht hier am kleinen Hafen von Paris am träge dahinfließenden Río Santa María. Zum Schwimmen nicht empfehlenswert – es gibt Krokodile und davon nicht wenige, sagt uns ein alter Fischer.
Weiter geht es über Chitré die Küste entlang. Immer wieder steuern wir Strände an, teils wunderschön, doch auch solche, die wir uns so nicht wünschen. Wir passieren kleine verschlafene Dörfer, in denen meist nur die Kirche von nennenswerter Bedeutung ist. So werfe ich in Villa de los Santos einen Blick ins Kircheninnere, das zum nationalen Kulturgut zählt.
An der Playa Cambutal entdecken wir ein traumhaftes Fleckchen Erde. Einen Stellplatz unter schattenspendenden Palmen, direkt am Pazifik. Eine primitive, aber funktionstüchtige und private Dusche am Baum nebenan. In 20 m Entfernung ein kleines ruhiges, einfaches Restaurant, auf dessen Grundstück wir gegen Verzehr stehen können. Der Strand menschenleer, verschont von Plastikmüll und Schwemmholz. Nur Meeresrauschen und exotische Vogelstimmen unterbrechen diese paradiesische Stille. Sanft schlagen die Wellen an den breiten Strand. Was wollen wir mehr? Oh wie schön ist Panama! Ob wir Janoschs Paradies nun gefunden haben?
Ein besonderes Ereignis nicht nur für uns erleben wir bei Ankunft der Fischer. Stolz präsentieren sie einen 110 kg schweren und knapp 2,5 m langen Speerfisch, einen Marlin, mit dem sie 1,5 Std. an der Angel gekämpft haben. Im warmen Pazifik, im Mittelmeer und indischen Ozean können diese Fische 20 J. alt und bis zu 1 Tonne schwer werden. Knapp eine Stunde später wird uns davon ein ordentlich großes Filetstück (in Konsistenz und Farbe ähnlich Hühnchenfleisch) in herrlicher Knoblauchsoße mit buntem Salat und Pommes serviert. Frischfisch – frischer geht es nicht!
Nun wird es schlagartig voll, der Geräuschpegel steigt. Vorbei ist es mit der idyllischen Ruhe. Schnell sind wir umzingelt von Autos, Zelten, Hängematten, Tischen und Stühlen. In einen besonders bequemen wird die Oma verfrachtet. Das Radio wird aufgedreht, jedes mit seiner eigenen Musik. Außer uns scheint das keinen zu stören. Grillfeuer räuchern uns ein. Schön dieses Familienleben zu beobachten, doch wir zirkeln uns durch dieses Chaos, ehe es zu spät ist. Fischgesättigt verabschieden wir uns vorerst von der Küstenregion und fahren über Santiago, San Francisco durch schönes Hochland zum Bergdorf Santa Fé. Einen kurzen Zwischenstopp legen wir an einem Balneario, einem Wasserfall mit natürlichem Badebecken, ein.
Ländlich, ruhig und still ist es in Santa Fé. In den Morgenstunden Hähnekrähen statt Papageiengeschrei. Ein Bergkamm und ca. 50 km durch den Regenwald auf neu gebauter Straße (2021) trennen uns von der Karibik. Nebel wabert über dem Tal. Dieser und der aufkommende Regen verhindern sicher manch schöne Blicke. Kurvenreich und sehr steile Abschnitte bringen den Husky an sein Limit. Das schlechte Wetter und ein beunruhigendes Geräusch im 1. Gang lassen uns umkehren.
Bei bedecktem Himmel und auf zunächst miserabler Straße biegen wir auf die 4-spurige Panamericana ab. Ca. 120 km durch grüne, hügelige, nahezu unbewohnte Gegend, die bis kurz vor Las Lajas in große Viehweiden übergeht. Mit 12 km ist der Strand von Las Lajas der längste Panamas und jetzt am Wochenende an den Zugängen von Sonntagsausflüglern überlaufen. Am Montag wieder menschenleer.
Enttäuscht ist Stephan, dass die Rumfabrik „Carta Vieja“ bei Alanje für Besichtigungen coronabedingt geschlossen ist.
Von der schwülen Küste geht es nun erneut hinauf auf 1000 m durch unterschiedliche Vegetationszonen.
Inmitten der kühlen Kordillerenhänge, umgeben von schöner Landschaft liegt unser letztes Ziel in Panama, die Kleinstadt Boquete, das Zentrum der Kaffeeindustrie am Fuße des höchsten Berges des Landes, dem inaktiven Vulkan Barú. Der kräftige Arabica-Kaffee wächst hier unter schattenspendenden Bäumen und Bananenstauden und lässt dem Kaffeejunkie Stephan das Herz höher schlagen. Hier gedeiht auch die preisgekrönte Geisha-Bohne. Die teuerste Kaffeesorte der Welt mit ihrem einzigartigen Geschmack, dem geringeren Säuregehalt, die an Tee erinnert und deshalb vor allem in Asien beliebt ist. Der Name stammt aus Äthiopien, dem Mutterland des Kaffees. Teuer, ca. 80 Euro/500 g, 10 Euro für eine kleine Tasse deshalb, weil sie eine bestimmte Höhenlage braucht, nicht sehr ertragreich ist, der perfekte Zeitpunkt für die Ernte gewählt werden muss. Außerdem wachsen die Äste senkrecht, statt waagrecht, was die Ernte erschwert. Erdbeeren werden gerade geerntet, Blumen wie Rosen und Orchideen wachsen unter Foliendächern.
Immergrün sind die Berge, die jetzt nebelverhangen sind. Es regnet immer wieder auf 1200 m, wo wir die nächsten 4 Tage verbringen werden. Statt Meeresrauschen rauscht neben unserem Standplatz ein Gebirgsbach und der Wasserfall San Ramón. Eine Wanderung in dieser idyllischen Region, der frischen Bergluft im dichten Wald, in dem wir den scheuen Quezal, den bunten Göttervogel und Wappenvogel Guatemalas, entdecken wollten, entfällt. Dennoch schaffen es immer wieder für wenige Momente einige Sonnenstrahlen durch den Wolkenhimmel und zaubern einen wunderschönen Regenbogen über das Flusstal. Farbenfroh ist die Blumen- und Kaffeemesse, die hier jeden Januar für 10 Tage stattfindet.
Eine schöne Strecke führt an Caldera vorbei wieder in die Küstenregion. Im kleinen indigenen Dorf El Silencio lassen wir uns ein traditionelles Essen servieren. Gebackene Bananen, Knödel aus Bananenmark mit würziger Soße, frittierte Maisteigfinger und Salat. Von hier aus unternehmen wir einen Bootsausflug in das Feuchtgebiet San San Pond Sak, in der Hoffnung die dort heimischen Seekühe / Manatíes zu sehen. Diese Vegetarier fressen Bananen, Blätter, Algen und am Ufer wachsendes Gras. Offensichtlich haben sie sich bereits tags zuvor sattgefressen, die Aussichts- und Köderplattform, auf der wir lautlos über eine Stunde gewartet haben, blieb verwaist. Der deutsche Konzern Rewe hat das Gelände in weitem Umkreis aufgekauft, um die Renaturierung der ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen zu garantieren. Ein ökologisches Feigenblatt?
Nicht mehr weit ist es jetzt ins Nachbarland Costa Rica.
18. Bericht – 24.03.2023
Nach den üblichen Grenzformalitäten sind wir im zweiten Staat Zentralamerikas angekommen – Costa Rica!
Klein ist dieses Land, vergleichbar mit Niedersachsen. Doch darin finden sich über 350.000 Tierarten, davon einige endemisch. Über 1000 km Küstenlinie, einige davon menschenleer. Zwei Ozeane, die an der schmalsten Stelle nur 180 km trennen. Vulkane, 10 davon sorgen immer wieder durch ihre Aktivität für Überraschungen. Ein Land für Naturliebhaber! Ca. 30% der Fläche steht unter Naturschutz, so viel wie in keinem anderen Land der Erde. 1969 hat Costa Rica mit seiner Naturschutzpolitik, für die die Touristen ihre Geldbeutel weit öffnen müssen, begonnen. Die vielfältige Flora und Fauna ist allerdings auch außerhalb der Schutzgebiete zu erleben. Innerhalb eines Tages kann man problemlos das Land vom Atlantik / von der Karibik zum Pazifik durch verschiedene Vegetations- und Klimazonen und 1000 m Höhenunterschied durchqueren.
Doch wir lassen uns Zeit, rollen gemächlich Richtung Norden nach Puerto Viejo de Talamanco. Die Strecke führt meist vorbei an gigantischen Bananenplantagen. Aufgrund kohlehaltiger Gesteinspartikel, die von den Flüssen aus den Bergen angeschwemmt werden, ist der Strand in Puerto Viejo schwarz. Viele Touristen finden hier eine entspannte karibische Atmosphäre.
Wir finden einen schönen Standplatz bei Manzanillo am Ende eines Flusses, der durch eine schmale Sandbank vom Atlantik getrennt ist. Vom Salzwasser ins Süßwasser! Auf tierische Begegnungen müssen wir nicht lange warten. Die hohen Bäume werden von einer Kolonie von Brüllaffen bevölkert. Achtet man auf bewegtes Gezweig, sind sie schnell auszumachen. Die Alten sind faul, bewegen sich nicht gern. Man muss sich auch kaum bewegen, der Tisch ist reich gedeckt.
Von hier aus starten wir zu dem Ara Project Manzanillo / Aufzuchtsprojekt für die großen grünen Aras. Dieser Ara ist eine der bedrohtesten Spezies der Welt. Man schätzt, dass es weltweit nur noch 1000 wild lebende Exemplare gibt, weniger als 300 davon in Costa Rica. Dieses Projekt bemüht sich, durch gezielte Züchtung die Zahl der Tiere zu vergrößern, die genetische Vielfalt zu erweitern und durch anschließende Auswilderung das Überleben der Art zu ermöglichen.
Auf einem Pfad entlang dem Strand im schattigen Küstenregenwald des Nationalparks Cahuita laufen mir Waschbären vor die Linse. Wir beobachten exotische Vögel, Brüll- und Kapuzineraffen. Ohne lang Ausschau halten zu müssen, entdecken wir dreizehige Faultiere, die meist bewegungslos in den Ästen hängen.
Richtung Puerto Limón führt die Strecke direkt an der sandigen, brandungsreichen, mit Kokospalmen bestandenen Küste entlang. Der gewitterschwangere dunkle Horizont bringt die weiß schäumenden Wellen zum Leuchten. Surfer warten auf „ihre“ Welle, um sie abzureiten.
In Puerto Limón werfen wir einen vorerst letzten Blick auf das karibische Meer. Gewaltige Bananenplantagen ziehen sich wieder kilometerweit die Strecke entlang. Schnell wachsend ist die Bananenpflanze. Nach 7 bis 9 Monaten treibt sie bereits eine Blüte aus. Nach weiteren 3 Monaten können die Früchte geerntet werden. Die Mutterpflanze stirbt ab, ein neuer Trieb hat sich bereits gebildet und trägt wieder nach einem Jahr Früchte, die von unten nach oben wachsen. Immer größere Früchte werden gezüchtet, um den europäischen und nordamerikanischen Normen zu entsprechen. Kunstdünger sorgt für höhere Erträge. Doch nach 8-10 Jahren ist der Boden so ausgelaugt, dass er für mehrere Jahre brachliegen muss. 30.000 Hektar Regenwald allein in Costa Rica wurden in den letzten 10 Jahren gerodet, um neue Anbauflächen zu gewinnen.
Die Schranken auf der Strecke sind offen, was bedeutet, dass keine Sprühflugzeuge mit Pestiziden unterwegs sind, die die Plantagen einnebeln. Diesem Sprühnebel sind auch die in den Plantagen befindlichen Hütten der Arbeiter mit ihren Bewohnern ausgesetzt. Überdurchschnittlich hoch sind in diesen Regionen Krebserkrankungen und Säuglingssterblichkeit, die von den Bananenmultis abgetan werden. Ebenso wenig interessiert diese die Gesundheit der Arbeiter, die unter der knochenharten 6-Tage-Woche leiden. Ein Bündel Bananen wiegt zwischen 35 und 50 kg, die bei schwüler Hitze und einem Tageslohn von ca. 20 Dollar geschleppt werden müssen. Chemikalien, die in Europa schon längst verboten sind, lässt die Zahl der unfruchtbaren Männer und Frauen steigen. Klagen werden abgewiesen, und – wenn überhaupt – mit einer Entschädigung von 7500 Dollar „erledigt“. Ein weiteres Dilemma sind die Insektizidhaltigen Plastiktüten um die Früchte, die vor Vögeln und Schädlingen schützen sollen. Durch Entwässerungskanäle gelangen diese oft in die ohnehin schon verseuchten Flüsse, ins Meer. Schildkröten sehen die Tüten als Quallen an und verenden qualvoll daran.
All dies wird in Europa viel zu wenig zur Kenntnis genommen und würde so manchen Konsumenten vielleicht zum Nachdenken bringen.
Auf einer Rundtour über Tucurrique, vorbei am Stausee Cachí, kommen wir nach Orosí, wo wir die älteste Kirche (Bauphase 1743-66) des Landes besichtigen.
Sonntagsverkehr herrscht auf schöner Bergstrecke Richtung Cartago. Im Gegensatz zu den leuchtend weißen Vulkanen in Kolumbien sind diese hier meist bis zum Kraterrand grün bewaldet und hinter einer Wolkenschicht versteckt. Abgeerntete, gigantische Zuckerrohrfelder wechseln sich auf 1300 m mit Kaffeepflanzungen ab.
Unter großen Folienflächen wachsen Tomaten. Unter abgedunkelten Netzen wachsen Farne für den Export, v.a. in die Gartencenter nach Nordamerika.
Einen Stopp legen wir in Cartago am Fuße des Vulkans Irazú ein, der zu den unberechenbarsten des Landes zählt. Die majestätisch wirkende Wallfahrtskirche (Bauzeit 1912-1930 nachdem ein Erdbeben die Originalkirche von 1681 zerstört hat) beeindruckt sowohl durch ihre Außenfassade als auch durch ihre Innenausstattung. Sie ist die bedeutendste Pilgerstätte Costa Ricas. Eine lange Schlange auf Knien rutschender Pilger bildet sich Richtung Altar.
Im letzten Abendlicht kommen wir in San José, der Hauptstadt Costa Ricas, einer Dritte-Welt-Metropole, an. In einer schönen Hotelanlage etwas außerhalb quartieren wir uns ein, um von hier aus die Stadt zu erkunden. Imposante Hochhäuser strecken sich aus meist heruntergekommenen Häuserreihen. Durch enge Straßen mit ambulanten Händlern und Verkaufsbuden schiebt sich ein endloser Verkehr. Rücksichtslosem, aggressivem Fahren, Hupkonzerten und viel Lärm ist man hier ausgesetzt. Während in anderen Großstädten bisher die Sehenswürdigkeiten um die zentrale Plaza herum gruppiert sind, sind sie hier über die ganze Stadt verteilt. Lange Wege sind nötig, um sie zu entdecken. Das Parlament ist in einem hässlichen Betonklotz mit Fenstern, vergleichbar mit Schießscharten, untergebracht. Zur Zeit des großen Kaffeebooms im 19. Jh. entstand das Nationaltheater. Ein neobarocker Bau in üppigster Ausstattung, angelehnt an europäische Opernhäuser. Marmor, Gold, prunkvolle Malerei europäischer Künstler und Materialien zieren das feudale Foyer. Im Theatercafé genießen wir landestypischen Kaffee und eine Kuchenleckerei. Vorbei am Marktviertel kommen wir zu dem wohl schönsten Gebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende, in dem sich die Hauptpost befindet.
Im zentralen Markt, einer überdachten Halle mit Obst- und Gemüseständen sowie Haushaltswaren aller Art, finden sich viele kleine Sodas, einfache Gaststätten, in denen viele Ticos (so nennen sich die Costariqueños) aus den umliegenden Büros preiswert essen. Auch wir genießen hier die landestypische Küche, so dass ich mir im ohnehin überhitzten Camper das Kochen ersparen kann. Wir decken uns auch ein mit verschiedenen süßen Früchten, die wir daheim so aromatisch nicht finden.
Wir besichtigen die Catedral Metropolitana und die Iglesia de la Merced. Die mächtigen Säulen der Kathedrale sind aus Holz, obwohl die Bemalung den Eindruck vermittelt, sie seien aus Stein. Schöne filigrane Holzschnitzereien finden sich an Altären und Kronleuchtern.
In Heredia umrahmt die kubanische Königspalme den zentralen Platz. Eine der ältesten Pfarrkirchen erstrahlt im Inneren in harmonischem Grau und Gold. Daneben gut erhaltene Reste einer Kolonialfestung.
Eine Tour auf schöner Bergstrecke führt uns zur Halbinsel Osa. Von Meereshöhe hoch in den Bergenebelwald passieren wir den höchsten befahrbaren Punkt des Landes und auch den höchsten Punkt der Panamerikana in Zentralamerika, den Cerro de la Muerte, den Todesberg auf 3328 m. Dichter Nebel bei kühlen 10 Grad macht leider einen Rundblick unmöglich.
Im Refugio La Paz Waterfall Gardens erleben wir ein Projekt, das sich der Rettung verletzter oder beschlagnahmter, illegal gehaltener Wildtiere widmet. In einem Gebiet von mehr als 70 ha Nebelwald mit 5 Wasserfällen finden sich verschiedene Affenarten, tropische Vögel – z.B. rote Aras, die zweitgrößte Papageienart Costa Ricas, Kolibris, die durch Zuckerwasser angelockt werden, Insekten, nachtaktive und giftige Frösche. 30 der schönsten und giftigsten Schlangenarten Costa Ricas, denen wir Gott sei Dank nie begegnet sind, können hier in großen Terrarien beobachtet werden.
Hinunter geht es durch den Regenwald des Savegre-Tals auf 300 – 400 m durch verschiedene Flusstäler und unendliche Ananasplantagen der amerikanischen Firma Dole.
Entlang der Küstenstraße, der Costanera, geht es nach Sierpe. Hier findet sich eines der größten Rätsel, das die untergangenen indianischen Kulturen hinterlassen haben: präkolumbianische Granitsteinkugeln. Man schätzt ihr Alter auf 1200 – 1400 Jahre und weiß nicht, wie sie hierhergekommen sind. Einige wurden von den Spaniern halbiert, die darin Goldschätze vermuteten.
Entlang ausgedehnter Ölpalmenplantagen führt uns die Strecke wieder nordwärts.
Über eine abwechslungsreich gegliederte Küste mit schönen, doch überwiegend felsigen Stränden, schroff und steil abfallenden Klippen und kleinen Buchten erreichen wir den Nationalpark Marino Ballena, mit seinem schönen Sandstrand. Hier können wir uns an Ceviche, dem traditionellen kalten Fischtopf, nicht satt genug essen, worüber sich die nette Frau an ihrem Stand freut.
Viele Flüsse Costa Ricas sind im Mündungsgebiet von Krokodilen bevölkert, so auch der Río Tarcoles hinter Quepos. Von der Brücke aus können wir sie, die bis zu 8 m groß werden, im braunen Flussbett direkt unter uns beobachten. Eine schöne, kaum frequentierte Strecke führt an diesem Fluss entlang zurück nach San José. Immer wieder entdecken wir die leider auch vom Aussterben bedrohten roten Aras, die durch ihr lautes Geschrei auf sich aufmerksam machen.
Die kurvenreiche, landschaftlich sehr schöne Route zum populären Vulkan Poás (2708 m) erinnert an heimische Mittelgebirge: grasende Kühe auf Weiden, Zäune, Baumgruppen und vereinzelt kleine Fincas. Frühmorgens sollte man unterwegs sein, um dieses Highlight wolkenfrei vorzufinden. Vom Kraterrand aus beeindruckt das graugrünliche Seeauge, um das herum ständig Fumarolen aufsteigen. Schwefelgeruch liegt in der Luft. Ein einstündiger Fußweg führt durch tropischen Nebelwald mit zum nicht weit davon entfernten, mit Regenwasser gefüllten Nebenkrater, der malerisch gelegenen Laguna Botos. Hier erleben wir den Kontrast zwischen bizarrer Vulkanlandschaft und üppig tropischer Gebirgsvegetation auf 2500 m.
Aus der Zeit der Jahrhundertwende stammt die prunkvolle rote Metallkirche von Grecia. Nur die Altäre bestehen aus filigranem Holzschnitzwerk.
Wenige Kilometer weiter erreichen wir Sarchí, bekannt für die traditionelle Holzbearbeitung. In einem lokalen Holzwerkbetrieb lassen wir uns die Herstellung der buntbemalten, zweirädrigen Ochsenkarren erklären. Diese werden immer noch dort eingesetzt, wo Traktoren nicht hinkommen.
Vorbei an Naranjo geht es in die Berge zum kleinen Ort Zarcero. Hier sind die Thujabüsche zu Figuren und überwölbten Wegen zurechtgeschnitten. Auch für die kommenden Weihnachten werden die Bäume bereits in Form gebracht.
Unser nächstes Etappenziel ist der Vulkan Arenal am gleichnamigen, größten See des Landes. Er ist der jüngste, weltweit aktivste und der gefährlichste dieser Gegend. 1968 gab es ein Erdbeben und einen gewaltigen, unvermuteten Ausbruch, der ein ganzes Dorf auslöschte. In unterschiedlichen Abständen rumort er immer wieder. Seit seinem letzten Ausbruch 2010 verhält er sich ruhig, steht aber dennoch unter ständiger Überwachung. Auf dem Weg dahin werden wir von einem Sturm, wie wir ihn seit Patagonien nicht mehr erlebt haben, durchgeschüttelt. Bis auf die heißen Temperaturen steht er diesen in nichts nach.
Wir finden einen idyllischen Platz in einem Wäldchen bei wieder herrlichem Wetter, direkt am Ufer des Sees mit Blick auf den perfekten Kegel des Vulkans.
Tags darauf Herbststimmung. Nebel und Regen, die uns nicht zu längerem Bleiben motivieren. Kaffee und Kuchen satt, ofenfrische, sündhaft teure Laugenbrezeln genießen wir in einer deutschen Bäckerei.
Wir verlassen den Nebelwald und kommen über das Küstengebirge vorbei an der Halbinsel Nicoya hinunter in die trockenste Provinz des Landes, Guanacaste. Wir erreichen wieder das Meer an dem Strand von Brasilito, wo uns schönes Badewetter empfängt. Hier beobachten wir eine Schulklasse beim Müllsammeln und hoffen, dass dies eine nachhaltige Wirkung haben wird…
Liberia, die zweitgrößte Stadt Costa Ricas, umfahren wir, der Vulkan Rincón de la Vieja ist hinter den Wolken nur zu erahnen. Ein paar Tage verbringen wir auf der idyllischen Finca eines Schweizer Ehepaars. Mehrere ausgeschilderte Wanderwege führen durch das weitläufige Gelände. Auch hier werden wir vom Baden im Fluss abgehalten – immer wieder zeigt sich wohl ein Krokodil, das wir allerdings nicht zu Gesicht bekommen. Unüberhörbare Urwaldgeräusche umgeben uns. Deutlich machen sich die Brüllaffen in den Baumwipfeln bemerkbar. Legen sie erst einmal los, so ist an einen ruhigen Schlaf vorerst nicht zu denken.
Nur noch 10 km sind es bis zur Grenze zum Nachbarland Nicaragua.
Slideshow der Bilder aus den Berichten 17 & 18:
Hier folgt ihr uns zum nächsten Routenabschnitt (Mexiko).
Hier kommt ihr zurück zum vorherigen Routenabschnitt (Kolumbien).
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