Frühjahr 2023
21. Bericht – April / Mai 2023
Am 29.03.23 kommen wir im nördlichsten und größten Land Lateinamerikas an. In Mexiko. Nach dem üblichen Prozedere am Grenzübergang bei Corazal inklusive Einreisegebühren, Einfuhrgenehmigung fürs Auto und Desinfektion, das nach schnellen 2 Stunden erledigt ist, begrüßt uns dieses Land mit einem kurzen, aber heftigen tropisch warmen Gewitter. Schnell sind die restlichen Belize Dollar in mexikanische Pesos in einer offiziellen Wechselstube umgetauscht und nicht bei einem der vielen für uns weniger vertrauenswürdigen Geldwechsler, die ihre Dienste fast schon aufdringlich anbieten.
Wir befinden uns im heißen Süden der Yucatán Halbinsel, einer flachen Landzunge zwischen dem karibischen Meer und dem Golf von Mexiko, auf dem Weg zum 1. kulturellen Highlight und Etappenziel Tulum.
Wunderschön liegt der smaragdgrüne Bacalar-See, auch Lagune der sieben Farben genannt, vor uns. Man kann sich daran kaum sattsehen, hat man endlich nach Müh und Not einen freien Blick erhaschen können. Die schönsten Blicke sind den Grundstücksbesitzern hinter hohen Mauern vorbehalten.
Wie eine Schneise führt die weitere Straße kilometerlang öde und langweilig, teils schnurgerade durch waldartigen Dschungel, dichtes strauchartiges Buschwerk, durch Feuchtgebiete, verbranntes Land, durch trockene, felsig steinige und trostlose Abschnitte. Ein heißer Wind bläst den Müll in und aus den kleinen Dörfern mit ärmlichen Hütten, die sich von den bisher gesehenen kaum unterscheiden. Gnädigerweise versteckt sich immer mal wieder die gleißende Sonne hinter gewaltigen Cumulibergen. Nach den Kurzstrecken in den mittelamerikanischen Ländern müssen wir uns wieder auf größere Distanzen, die gutes Sitzfleisch erfordern, einstellen.
Eine ganz besondere Ausgrabungsstätte ist Tulum. Als einzige archäologische Maya-Anlage dieser Art thront sie traumhaft schön über der türkisfarbenen Karibik. Wir durchstreifen frühmorgens, noch vor der ganz großen Hitze und dem Touristenansturm, die Stadtanlage. Zu den bekanntesten Gebäuden gehören der Tempel des Windes, der als vorderster Tempel auf einem Hügel zwischen zwei Buchten dem Gott des Windes gewidmet ist, der Freskentempel und der Tempel des herabsteigenden Gottes. Es erstaunt uns immer wieder, was die Maya vor so langer Zeit schon an Wissen und Kenntnissen besaßen.
Direkt am Meer finden wir auf einem palmenbestandenen Campingplatz nahe der Laguna Rosaca einen idealen Platz. Karibikfeeling pur! Doch ein Paradies ist kein Paradies mehr, wenn eine Armada von Moskitos über einen herfällt. Wir flüchten, finden auch auf der weiteren Strecke, in dem von Lagunen durchzogene Gebiet, keinen Platz um länger zu bleiben.
Auf der vierspurigen Küstenstraße, der Riviera Maya, hat man unter den feudalen Hotels, die sich hier angesiedelt haben, die Qual der Wahl. Viele Urlaubsorte wie die Touristenhochburg Playa del Carmen liegen an dieser Strecke südlich von Cancún mit kristallklarem Wasser. Dass diese quirlige Stadt einst ein kleines ruhiges Fischerdorf war, kann man sich nur schwer vorstellen. In der Fußgängerzone reihen sich Hotels, Bars, Restaurants und Kneipen nahtlos aneinander. Für uns kein Ort zum Entspannen und Erholen, auch nicht, um sich am Strand wohlzufühlen. Nach faulen Eiern stinkende Braunalgen türmen sich hier und kleben an den Badenden. Es ist laut, viele Touristen, die die Zugänge zum Strand bevölkern, tragen zur optischen Umweltverschmutzung bei.
Ohne auch nur einen Fußzeh in die Karibik getaucht zu haben, hecheln wir uns bei 41 Grad nach Cancún weiter. Aus dem Maya übersetzt bedeutet dieser Name „Goldtopf am Ende des Regenbogens“. Eine „treffende“ Bezeichnung auch in der heutigen Zeit. Unzählige (bis zu 170) Bettenburgen, Luxushotels mit teils mehreren Schwimmbädern und Golfplätzen sind fest in der Hand von nordamerikanischen und kanadischen Urlaubern. Sicherheitspersonal wacht an den Portalen der exklusiven Hotels. Was für ein Luxus! Was für ein Kontrast zu der in Mittelamerika und der auch hier im Landesinnern herrschenden Armut!
Hier müsste man in einem der Hotels einchecken, um im Meer unterzutauchen oder es zumindest gesehen zu haben. Doch es ist öffentlich! Der Zugang durch die Hotels muss gewährt werden. Schade, diese Info kommt zu spät! Zu gerne hätte ich herausgefunden, ob das tatsächlich reibungslos funktioniert.
Über das bunte Tizimin, Calakmul und Espita mit der zweitürmigen Kirche, durch abwechslungsreiche Gegend mit immer wieder schönen Blicken auf das Meer, kommen wir nach Izamal, in die Stadt der Hügel. Die Häuserfassaden sind fast ausschließlich in schönem Gelb und Weiß gestrichen. Im Zentrum befindet sich der größte geschlossene Kirchplatz Mexikos. Eine Atriumanlage mit einem Arkadengang von 76 Rundbögen. Ein sicher lohnender Rundgang, doch bei dieser fast unerträglichen Hitze, die jegliche Aktivität lähmt, verzichten wir darauf.
Uns zieht es in die kühle unterirdische Wasserwelt einer Cenote. Cleotilde und Mani Chan sind genau die richtigen Orte für eine willkommene Erfrischung. Eine Cenote, von denen es mehr als einhundert auf Yucatán gibt, die einen mit, andere ohne Tageslicht, sind Süßwassergrotten (gefüllte Karsthöhlen) von denen die Maya annahmen, es sei der Eingang zur Unterwelt, in der ihr Regengott wohne. Taucher haben sie vor noch nicht allzu langer Zeit entdeckt. In einigen wurden religiöse Zeremonien, Rituale abgehalten, auch Menschen geopfert. Ohne dieses Naturphänomen, dem Wasser der größten zusammenhängenden Unterwasserhöhlensysteme der Welt, hätte es die Maya-Zivilisation nicht gegeben. Da es auf Yucatán keine überirdischen Flüsse gibt, waren diese Grotten lebensnotwendig, um in Dürreperioden das Volk mit Trinkwasser zu versorgen. Über eine steile Holzleiter steigen wir hinab in die schummrige Höhle und genießen die Ruhe und das erfrischende glasklare Wasser. In diesem authentischen, von Indigenas geführten Ambiente, das von keinen Touristenbussen angefahren werden kann, fühlen wir uns wohl und bleiben einige Tage.
Flach und kaum besiedelt ist auch die Strecke nach Mérida, die Hauptstadt des Bundesstaates Yucatán. Doch von dieser Stadt sind wir weniger begeistert. Leider sind fast alle der einstmals prächtigen Gebäude ziemlich heruntergekommen.
Sympathisch hingegen ist Campeche (UNESCO-Kulturerbe), eine Kleinstadt an der Westküste im typisch spanischen Stil, die bis jetzt vom Massentourismus verschont geblieben ist. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zählen das Stadttor, die Kathedrale, prächtige Stadthäuser, der teils begehbare trutzige, die Altstadt umringende Festungsgürtel mit einem lohnenden Blick auf das historische Zentrum. Innerhalb liegen liebevoll restaurierte Kolonialgebäude in leuchtenden und unterschiedlichen Farben mit schmiedeeisernen Balkonen. In einem der netten Straßencafés genießen wir das entspannte Flair dieser Stadt.
Der Streckenabschnitt zwischen Campeche und Frontera ist einerseits eine wassergesegnete fischreiche, kaum besiedelte Gegend, andernteils trocken, sodass immer wieder entlang der Straße wilde Feuer entstehen. Teils steht das Wasser bis zur Haustüre und bringt außer Fischen auch Unrat mit. Schönere Blicke ergeben sich auf große Wasserflächen mit hunderten blühenden Seerosen und blauvioletten Wasserhyazinthen. Doch diese grünen invasiv u. schnellwachsenden Hyazinthen-Teppiche, die auf dem Wasser schwimmen und alles überwuchern, können zur regelrechten Plage werden. Sie blockieren Wasserwege, zerstören natürliche Lebensräume durch ihr dichtes Blätterdach, senken den Sauerstoffgehalt für Fische, verdrängen einheimische Lebensarten und erhöhen den Wasserverlust.
Kurz vor Palenque finden wir einen zum Relaxen und von Moskitos verschonten geradezu idealen Platz, von dem es uns schwerfällt, ihn zu verlassen.
Von hier aus tauchen wir in die geheimnisvolle Welt der hiesigen Mayas von Palenque ein, einer der bedeutendsten archäologischen Maya-Stätten. Umgeben vom dichten Tieflanddschungel von Chiapas ist diese Pyramidenstadt für viele die schönste Mexikos. In exotischer Fauna und Flora, in heißem und feuchtem Klima tummeln sich u.a. Brüllaffen, exotische Vögel und Tukane. Gut getarnte Leguane räkeln sich in der Sonne auf warmem Gestein.
Neben den gut erhaltenen, architektonisch beeindruckenden, seinerzeit blutrot bemalten Tempelanlagen, die ca. 300 v. Chr. entstanden und von spanischen Siedlern zu Beginn des 16.Jd. entdeckt wurden, sind nicht einmal ein Zehntel freigelegt, vermuten Forscher. Auch die Gründe, warum sie im 10. Jh. aufgegeben wurden, sind ungeklärt. Alle heute zu sehenden Gebäude stammen aus der Blütezeit der Stadt und sind ein glanzvolles Zeugnis der Mayakunst und -architektur. Wir spazieren durch den Palastkomplex mit dem Netz von Gebäuden, Gängen und Höfen, bestaunen die Größe der hochaufragenden Pyramide, die gut erhaltenen Fresken und Skulpturen, die großen Plätze, auf denen Ballspiele ausgetragen und die Sieger geköpft wurden, was eine besondere Ehre darstellte.
Gesättigt von all diesen Informationen und beeindruckt von dieser prächtigen Kultstätte machen wir uns weiter auf den Weg zum Cañón del Sumidero, Mexikos eindrucksvollstem Naturschutzgebiet. Eine rund 3-stündige Bootsfahrt bringt uns in eine faszinierende Welt steil aufragender, bis zu 1000 m hoher Felswände. Eingänge zu geheimnisvollen Höhlen, Raubvögel, die am Himmel kreisen, Affen in ungestörtem Lebensraum, Krokodile, denen man nicht zu nah kommen möchte und interessante Gesteinsformationen machen diese Tour zu einem Highlight.
Nun liegen 2 lange Fahrtage vor uns. Auf brauner, kaum besiedelter, meist im Morgendunst liegender Bergstrecke kommen wir wieder hinunter ins Tiefland, zurück an die Küste. Vorbei an Ananas- und Mangoplantagen und durch windgepeitschte Palmenwälder. Schwarz ist die Erde. Es wird immer heißer. Heißer als die heißeste Stufe meines Föns. In die Wasserflasche könnte man einen Teebeutel hängen. Doch die Höchsttemperatur ist noch nicht erreicht, sagt man uns. Bis 45 Grad fehlen noch 4 Grad.
Einen kurzen Zwischenstopp, abseits der Straße, legen wir am Wasserfall Misol Ha ein. Aus ca. 30 m Höhe donnern die Wassermassen in einen kleinen See umgeben von tropischer Vegetation. Auf glitschigem Pfad gelangt man hinter den kühlen Nebel des Wasservorhangs. Ein erfrischendes, wenn auch nasses Erlebnis.
Verständnis bringen wir auf für die Frauen und für die Kinder, die jetzt während den Schulferien ihre Mütter vertreten, die auf der Strecke zum Nationalpark Agua Azul ihre selbsthergestellten Bananenchips verkaufen. Lecker sind sie und wir füllen unsere Mägen und decken uns mit einigen Tüten ein. Doch immer nerviger und ärgerlicher macht uns diese mittlerweile immer aggressiver werdende Verkaufsstrategie, als wir zum xten Mal, nach kaum 50 m, vor dem über die Straße gespanntem Seil zum Anhalten gezwungen werden. Letztendlich hilft nur noch auf das Seil ohne zu bremsen zuzufahren, was man dann schnell fallen lässt.
Die Wasserfälle Agua Azul, ein Juwel der mexikanischen Landschaft, sind erreicht. Was für ein fantastischer Anblick. Was für ein türkisblaues Wasser bedingt durch den hohen Mineralgehalt dieser Region! Ein 3 km langer Spazierweg, entlang an den 7 km, in Kaskaden verlaufenden Fällen führt nach oben. Und dahin zieht es uns – nach oben, um diese malerische Landschaft genießen zu können. Weg von all den lärmenden Menschenmassen, die sich im unteren zugänglichen Becken tummeln. Weg von der lauten Musik, von den unzähligen Ramschbuden, Kleinrestaurants, Souvenirständen und den aufdringlichen Verkäufern.
San Cristóbal de las Casas, auch als die „Indianerhauptstadt Mexikos“ bezeichnet, beeindruckt durch die Mischung aus kolonialem Stil und Indigena-Kultur. Wir bummeln durch die Schatten spendenden Arkadengänge, die sich an ganzen Häuserfronten entlangziehen, besichtigen Kirchen, bewundern koloniale Bauten, lassen das indianische Flair und die lebhafte Atmosphäre auf uns wirken.
Auf dem Weg nach Huatulco, zu den wohl schönsten Pazifikstränden Mexikos, verlieren wir – wir können es kaum fassen – zum 3. Mal die linke Hinterachse. Doch wieder Glück im Unglück – nicht auf der knapp 200 km langen, einsamen und kurvenreichen Bergstrecke ohne Netz-Empfang und Ausweichmöglichkeit, sondern wenige Meter vor einer Haltebucht gegenüber einem kleinen Straßenlokal. Unsere Handys haben hitzebedingt den Geist aufgegeben, doch die nette und hilfsbereite Besitzerin hilft uns geduldig, heute am Ostersonntag, einen Abschleppdienst zu finden. Sie sorgt auch für das leibliche Wohl, das Abschleppen erfolgt tags darauf.
Nun sitzen wir wieder fest. Der Husky in der Werkstatt, wir im Hotel in Huatulco. Leider müssen wir das bereits ausgebuchte kleine, sehr gepflegte und sehr schöne Hotel nach 2 Tagen verlassen und umziehen. Aber auch hier, im neuen Hotel, lassen wir es uns gut gehen, verdauen Frust und Schrecken, bis es nach 3 Tagen wieder weitergehen kann.
2000 km lang ist die pazifische Küste zwischen Mazatlán und Huatulco. Wir befinden uns am Ende dieser Strecke, im Süden Richtung Playa Zipolite, lassen die ganzen vertourisierten Küstenorte, einschließlich des berühmten Acapulco, aus. Nach einigen Tagen auf dem Campingplatz am malerischen Strand von Zipolite zieht es uns in die Berge.
Die Provinzstadt Oaxaca liegt ein paar Stunden entfernt, auf 1550 m Höhe, in ganzjährig frühlingshaftem Klima. Hier, auf einem sehr gepflegten Campingplatz mit typisch mexikanischer Küche fühlen wir uns richtig wohl. Ein kurzer Fußmarsch auf meist kopfsteingepflasterten, verkehrsfreien Straßen bringt uns ins Zentrum der Altstadt mit bunten Fassaden. Munteres Treiben herrscht hier in den Restaurants und Cafés unter den Arkaden. Musiker, Schuhputzer und Straßenverkäufer ergänzen die Szene. In neoklassizistischem Stil und barocker Fassade imponiert die Kathedrale. Leuchtende Stuckornamente zieren das Innere der 1976 zum nationalen Monument erhobenen Iglesia Santo Domingo. Das ehemalige Kloster Santa Catalina ist heute ein feudales Luxushotel. Im Ambiente mit span. Barockarchitektur, Wandfresken, einem blumengeschmückten Innenhof und vielen wertvollen Antiquitäten gönnen wir uns wenigstens eine Teepause, eine Übernachtung würde unser Budget sprengen.
Unweit von Oaxaca befindet sich der Weiße Berg, der Monte Alban, eine bedeutende und terrassierte Kultstätte auf einem Hochplateau, die vor mehr als 2500 J. vom präkolumbianischen Volk der Zapoteken als religiöses Zentrum errichtet wurde. Ein Wohnort der Götter über den Wolken. Von den spanischen Invasoren wurde diese Anlage mit ihren Pyramiden, Palästen und Tempel übersehen und entging einer Zerstörung.
Eine angeblich 2000 J. alte Zypresse mit einem Umfang von 50 m und einer Höhe von 42 m, deren Äste zu bizarren Figuren verwachsen sind, steht im kleinen Ort Santa Maria El Tule. Der Arbol del Tule gilt als der größte und dickste Baum der Welt und wird von den Dorfbewohnern verehrt.
Schnell ziehen wir weiter. Auf der To-visit-Liste gibt es noch viele Programmpunkte. Inzwischen sind wir einen Monat in Mexiko unterwegs Richtung Puebla. Abwechslungsreich ist die Bergstrecke, heiß und mit überwiegend Kakteen bewachsen. Auf jeder Autobahn, auf die gewechselt werden muss, ist eine Maut fällig und summiert sich auf einen beträchtlichen Betrag.
Schon von weitem erstrahlt die Kirche Santuario Nuestra Señora de los Remedios von Cholula, einem Vorort von Puebla, in leuchtendem Ockergelb. Lange ahnte niemand, dass sich unter dem grünen Hügel, auf dem die Kirche steht (im 16. Jh. von den einfallenden Spaniern erbaut), eine mehrschichtige Pyramide versteckt, die man auf den ersten Blick nicht sieht. Der 1. Abschnitt dieser Pyramide stammt aus dem 3. Jh. v. Chr., die letzte Schicht aus dem 8.Jh. Mit einer Größe von 450×450 m und einer Höhe von 66 m ist sie flächenmäßig die größte der Welt. Erst 1884 wird sie entdeckt und seit 1917 wissenschaftlich, nach dem Fund eines 10 Tonnen schweren Altars, erforscht. Ein 8 km langes Tunnelsystem entstand ab 1931, um die insgesamt 7 Überbauungsschichten, an denen verschiedene Völker beteiligt waren, sichtbar zu machen. Unklar ist bis heute, warum diese Pyramide von einer derart dicken Erdschicht bedeckt ist. Asche und Geröll, was auf einen Vulkanausbruch des naheliegenden Popocatepetl schließen lässt, fehlen. Auch den natürlichen Zahn der Zeit schließt man aus. Wurde sie mit Absicht zugedeckt, um sie vor Eindringlingen zu schützen? Auch nur eine Vermutung. Um diesem Mysterium näher zu kommen hecheln wir den steilen gepflasterten Weg hinauf und stehen vor der geschlossenen Kirche. Auch der Tunnel, der ins Innere der Pyramide führt, ist vorübergehend gesperrt. Schade!
Sympathisch ist das Städtchen, in dem am heutigen Sonntag sich gleich mehrere Brautpaare das Ja-Wort geben. Feierlich wird die Taufe für viele Familien mit Kleinkindern zelebriert. Der naheliegende Stadtpark bietet danach die perfekte Kulisse für Fotos mit den festlich herausgeputzten Täuflingen.
Greifbar nah, doch noch immer komplett im eigenen Rauch gehüllt ist die Kulisse des imposanten Popocatepetl.
Nun kommen wir in Puebla an. Umgeben von 4 Vulkanen liegt diese Stadt auf 2160 m Höhe. Wieder ist Sonntag und wie in vielen Städten sind von 8 – 12 Uhr ganze Straßenzüge für Fußgänger, Familien und Fahrradfahrer reserviert. Die Innenstadt steht unter Denkmalschutz und wurde 1987 UNESCO-Weltkulturerbe. Bunt sind die Häuserfassaden. Sofort fallen die berühmten handbemalten Keramikkacheln ins Auge, die in den letzten Jahrhunderten diese Stadt reich gemacht haben. Viele Produktionsbetriebe gibt es, darunter auch ein großes VW-Werk. Auf unserem 6-stündigen Rundgang bei frühlingshaften Temperaturen entdecken wir viel Sehenswertes. Prächtige Paläste und Gebäude im Kolonialstil wie das Regierungsgebäude, dem Theater, den von Arkaden gesäumte Zócalo (Hauptplatz), mexikanischer Barock in der teils komplett vergoldeten prunkvollen Kathedrale mit Marmorstatuen, Pfeiler aus Onyx und Marmorfußböden, das Künstlerviertel und die durch Zufall entdeckte und interessante Da Vinci–Ausstellung. Weniger schöne Blicke ergeben sich im Vorstadtgewühl beim Verlassen dieser tollen Stadt.
3000 Jahre Kulturgeschichte erlebt man in Mexiko und begegnet ihr im ganzen Land. Eine der größten und eindrucksvollsten Pyramidenanlagen befindet sich in Teotihuacan. 1988 wurde sie von der UNESCO in die Welterbeliste aufgenommen. So gut wie nichts ist über die Schöpfer dieser mächtigen Bauwerke, die in nachweislich fast 1000 jähriger Bautätigkeit, von 250 v. Chr. bis 700 n. Chr. entstanden sind, bekannt. Zwischen 200 bis 650 n. Chr. erlebte diese Tempelmetropole mit ca. 150.000 Einwohnern ihren glanzvollen Höhepunkt. Sie war nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern auch ein bedeutender Handels- und Umschlagplatz mit ausgebauten Verbindungswegen, einem großen Markt und Hunderten von kleinen Handwerksbetrieben, in denen auch Obsidian verarbeitet wurde. Die 40 m breite und 2 km lange Pracht- bzw. Zeremonienstraße, die von den Spaniern Camino de los Muertos (Straße der Toten) genannte wurde, wird im Norden mit der Mondpyramide (150×120 m Grundfläche und einer Höhe von 45 m) und einem großen Platz abgeschlossen. Bei Ausgrabungen 2004 wurde eine Grabkammer mit 12 menschlichen Skeletten entdeckt, die zur Grundsteinlegung geopfert wurden. Teils in einem blutigen Ritual, geköpft mit auf dem Rücken gefesselten Händen. Entlang der Prachtstraße liegen auch das zentrale Kultzentrum, Pyramiden, prächtige Bauten, deren Fassaden mit Reliefs, Wandbemalungen, bunten Fresken und Skulpturen verziert wurden und im Original zu sehen sind, offene Plätze und kultische Plattformen. Beeindruckend ist die Sonnenpyramide. Eine 20-jähr. Bauzeit, so errechneten die Archäologen, vorausgesetzt, dass 2000 Arbeitskräfte ununterbrochen daran gearbeitet haben, erforderte dieses Bauwerk. Im 8. Jh., mitten im Wohlstand, muss Teotihuacan zerstört und in Flammen aufgegangen sein. Bis heute gibt es unterschiedliche Erklärungen zu diesem Untergang. Bauernrevolte, Verlust des Obsidianmonopols, Handelskonkurrenten, feindliche Stämme, Selbstzerstörung durch eigene Priesterkasten? Erst Mitte des 19. Jh. fanden die ersten Ausgrabungen statt. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Stadt mit Erde bedeckt. Leider wird dieser Ort durch die immer näher rückenden Hochhäuser und den Bau des größten Warenhauses Mexikos, der US-amerikanischen Lebensmittelkette Wal-Mart, in unmittelbarer Nähe immer mehr „entehrt“.
Von hier aus, kurz vor Mexiko City, machen wir einen Abstecher zu dem über 5000 m hohen Vulkan Popocatepetl, der zu den aktivsten Vulkanen der Welt gehört. Auch heute ist nicht viel von ihm zu sehen. Er ist von seiner eigenen Aktivität umhüllt, spuckt wieder Rauchschwaden gen Himmel, weshalb der Nationalpark im Umkreis von 12 km gesperrt ist.
3 Tage haben wir für Mexiko City eingeplant. Auf einem kleinen Campingplatz für Wohnmobile haben wir uns einquartiert, einige Kilometer außerhalb in ruhiger und ländlicher Umgebung. Von hier aus erreichen wir die pulsierende Megametropole in 45 Min. mit öffentlichen Verkehrsmitteln per Bus und Bahn und tauchen ein in diese fünfgrößte Stadt der Welt mit 22 Mio. Einwohnern. Ein Mix aus moderner Architektur und alten Herrenhäusern.
In wenigen Gehminuten erreichen wir den Palacio de Bellas Artes, das angeblich schönste historische Gebäude der Stadt und die wichtigste kulturelle Einrichtung Mexikos mit dem eindrucksvollen Marmorsaal, Museen und Wandgemälden.
Spektakulär ist nicht nur das Gebäude des Anthropologischen Museums mit der am Eingang riesigen Monolithen-Figur und der 11 m hohen Säule mit Wasserfällen, die den Kreislauf des Lebens symbolisieren soll, sondern auch die Sammlung archäologischer Funde aus untergegangenen Indianerkulturen Mexikos. Hier begegnen wir den 3 präkolumbianischen Hochkulturen. Den Azteken, Tolteken und der Maya.
Im Palacio Nacional beeindruckt das grandiose Wandgemälde von Diego Rivera „ Die Geschichte Mexikos“, in der er die Ära der Azteken, die Eroberer, die Revolution und die Entwicklung der Industrie darstellt.
Vorbei an und durch grüne, sehr gepflegte Parkanlagen, durch die von Bäumen gesäumten Straßen werfen wir immer wieder Blicke auf die gigantischen Wolkenkratzer. 180 m hoch ist der Torre Latinoamericana, von dem man einen 360 Grad Blick auf die Stadt genießen kann. Doch mit Rücksicht auf meine Höhenangst, mit der es alles andere als einen Genuss wäre, verzichten wir, in die 44ste Etage hochzufahren. Stattdessen gönnen wir uns eine Verschnaufpause in einem der unzähligen stilvollen Cafés.
Die Entfernungen, die Dimensionen sind groß in dieser Stadt, sodass wir nicht alle für uns interessanten Highlights zu Fuß erreichen können. Einfach zu benutzen und spottbillig ist die U-Bahn mit farblich gekennzeichneten Bahnlinien und Haltestationen und durch Symbole für Analphabeten gut erläutert. Wir vermeiden die Rushhour, dennoch schieben wir uns in einer unglaublichen Menschenmasse treppauf, treppab, über Rolltreppen, durch lange Gänge, entlang der Gleise in die hoffnungslos überfüllten Bahnen. In den Stoßzeiten sind die vorderen Waggons für Frauen und Kinder reserviert. Männer haben keinen Zutritt. Da Körperkontakte unvermeidlich sind, halte ich jetzt meine Tasche mit der Kamera ganz besonders fest. Erstaunlich schnell haben wir uns in diesem Gewusel zurechtgefunden, trotzdem brauche ich mehrere Bahnfahrten, bis ich das mulmige Gefühl und die Angst, Stephan aus den Augen zu verlieren, losgeworden bin.
Auf der Plaza de Constitución, kurz Zócalo genannt, dem Herz dieser Großstadt, einem der größten öffentlichen Hauptplätze der Welt, weht eine überdimensionale mex. Flagge. Flankiert wird dieser Platz von bedeutenden, prächtigen Gebäuden in schöner kolonialer Architektur u.a. dem Regierungsgebäude und dem Nationalpalast. Majestätisch steht hier auch die Catedral Metropolitano. Sie ist nicht nur die Kathedrale der Hauptstadt, sondern auch die größte des amerikanischen Kontinents. Bereits im 16. Jh. wurde von den spanischen Eroberern auf den Trümmern aztekischer Kult- und Opfertempel eine Kirche errichtet, die in ihrer heutigen Grundstruktur mit den ersten der 14 Seitenkapellen weitergebaut wurde. Bis zur Fertigstellung 1813 vergingen mehr als 250 Jahre, in denen die Kunstrichtungen und Architektur der jeweiligen Epoche verewigt wurden.
Auf dem Weg zum Templo Mayor beobachten wir Männer unterschiedlichen Alters in einer langen Reihe. Vor sich sind ihre Spezialwerkzeuge aufgebaut, auf Schildern bieten sie ihr Handwerk an. Viele sind es nicht mehr, man sitzt hier seit dem frühen Morgen. Ist man sich über den Schwierigkeitsgrad der anstehenden Arbeit und über den Stundenlohn einig, wird der Handwerker mitgenommen. Manche verbringen sogar an dieser Stelle die Nacht, an der sie vergeblich den ganzen Tag über gewartet haben und hoffen, tags darauf Arbeit zu finden. Eine gute Alternative zum Arbeitsamt!
Reste des zentralen Tempelbezirks der Azteken – des Templo Mayor – wurden erst um 1900 beim Bau von Abwässerkanälen im Nordosten des Zócalo entdeckt.1968 kamen weitere Gebäude mit dem Ausbau der Metro zutage. Danach begannen systematische Grabungsarbeiten, derentwegen 2 Häuserblocks abgerissen wurden. Vom mächtigen Religionszentrum mit seiner Stufenpyramide (Teocalli) sind hier die Grundmauern zu sehen. Doch aufgrund der kolonialen Denkmäler rund um den Hauptplatz waren weiteren Ausgrabungen Grenzen gesetzt und sie wurden 1982 beendet. Diese Funde bestätigen, dass sich das Zentrum des historischen Aztekenreichs in dieser Ecke des Platzes und unter der Kathedrale befand.
Mehr als 300 Märkte gibt es hier, von denen der Mercado de la Merced einer der bekanntesten und beliebtesten ist.
Doch uns zieht es in das Stadtviertel Coyoacan, in dem die Künstlerin Frida Kahlo (1907-54) allgegenwärtig ist. Unübersehbar ist die lange Menschenschlange vor ihrem Haus, der Casa Azul, dem auffällig blauen Haus, das als Museum dem Leben und Werk der Künstlerin und ihrem Lebensgefährten, dem berühmten Maler Diego Rivera gewidmet ist. Doch leider gibt es keine Tagestickets und die Online-Reservierung ist wochenlang ausgebucht. Die Enttäuschung ist groß!
Der bedeutendste Wallfahrtsort von Mexiko, wenn nicht ganz Lateinamerika mit bis zu 20 Mio. Pilgern jährlich, ist die Basilika Guadalupe. Im Zentrum eines großen Platzes erhebt sich die durch Absenkung und Erdbeben dauerhaft stark einsturzgefährdete alte Kirche aus dem 18. Jh. (1705). Direkt daneben wurde zwischen 1974-76 eine neue errichtet mit einem kreisförmigen modernen Grundriss. Unter der 42 m hohen Kuppel mit einem Durchmesser von 100 m finden bis zu 40.000 (10.000 Sitzplätze) Menschen Platz. Sie zählt damit zu den größten Kirchen weltweit. Unübersehbar ist, dass die alte Kirche auffällig schräg steht. Hier wird ein großes Problem der Hauptstadt sichtbar: Sie sinkt langsam nach unten. Der Grund für das starke Absinken der Gebäude in Mexiko City ist, dass an der Stelle der heutigen Stadt die 1325 von den Azteken erbaute Metropole Tenochitlan von einem See umgeben war. Der massive Bedarf an Trinkwasser, der zu 70% aus diesem Grundwasservorkommen in den letzten 50 J. gedeckt wird, ist auch mit ein Grund für dieses Absinken. Die tonhaltige Erdschicht wird instabil, der Boden senkt sich ab. Seit langem suchen Wissenschaftler eine Lösung für dieses Problem und die schwere Wasserkrise in den letzten Jahren.
Am 4. und letzten Tag unserer Erkundungstour planen wir einen Ausflug zu den schwimmenden Gärten von Xochimilco. Naturnah in ruhigerem und erholsamen Ambiente nach den doch recht anstrengenden und kilometerlangen Fußmärschen im quirligen Trubel der Großstadt. Doch der Parkplatz, auf dem wir mit Müh und Not einen Platz finden, lässt anderes erahnen. Idylle und Ruhe – Fehlanzeige ! Wir landen in einem total vertouristisiertem Chaos von Souvenir- und Imbissbuden, in einer Menschenmasse, die sich in den buntbemalten Stocherkähnen mit viel Musik und Halligalli durch die Kanäle schippern lässt. Zu üppig scheint der Alkoholkonsum für viele Gruppenausflügler zu sein. Nein, das haben wir uns anders vorgestellt! Wir verzichten auf eine Bootsfahrt und verabschieden uns von M.C., dieser tollen Stadt und 3 erlebnisreichen Tagen.
Eindrücke unterwegs
Obwohl wir wissen, dass wir jetzt Ende April das unglaubliche Naturereignis nicht mehr erleben werden, machen wir dennoch einen Abstecher in die Berge von Toluca. Zwischen September und März bevölkern hier in 3000 m Höhe Millionen von Monarch-Schmetterlingen Pinien und Fichten, sodass deren Nadeln nicht mehr zu sehen sind.
San Miguel de Allende ist unser nächstes Ziel. Und wir sind begeistert von diesem lebendigen, blumengeschmückten, leuchtend rot gelben, kunstliebenden Kleinod. Der Freiheitskämpfer Ignacio Allende (1779-1811) gab dieser Stadt ihren heutigen Namen. Hier gemütlich durchzuschlendern macht richtig Spaß, vieles lässt sich entdecken. Teils enge gepflasterte und steile Gassen mit ihren bunten Häusern, die sich durch die Stadtlandschaft ziehen, schattenspendende Jacaranda-Bäume in den Alleen, mit Palästen und der wunderschön gestalteten Fassade der San Francisco Kirche, das alles steht seit 1926 vollständig unter Denkmalschutz. Bevor wir weiterziehen, ist eine Pause in einem der vielen einladenden Cafés ein Muss, um ein letztes Mal diese angenehme Atmosphäre auf uns wirken zu lassen.
Farbenfrohes auf dem Weg nach Morelia.
Weniger spektakulär aber entspannt ist der Spaziergang durch Morelia. Aufwendig restauriert sind viele historische Gebäude in der Altstadt aus dem 17. und 18. Jh. Diese und die prachtvollen Kirchen, sowie das 1,5 km lange mit 250 Bögen errichtete Aquädukt, stehen auch hier unter Denkmalschutz und sind 2013 zum UESCO-Weltkulturerbe erklärt worden.
Unterwegs, auf der Strecke über Mazamitla nach Atotonilco el Alto sind wieder einige von Wasserhyazinthen total zugewucherte Flüsse zu sehen. In Atotonilco quartieren wir uns ein bei Charly, einem Schweizer Auswanderer, der hier ein Restaurant mit Pool und Stellmöglichkeiten für Camper betreibt Vom Campingplatz aus unternehmen wir Ausflüge in die nähere Umgebung.
In der Gegend Tapala/Las Piedrotas kommt Westernfeeling auf.
Wir schlendern durch Sayula bei erstaunlich hoher Polizeipräsenz, kommen auf der weiteren Strecke zu einem entgleisten Getreidezug, wo Gottseidank kein Personenschaden zu beklagen ist, und passieren auffallend viele Autofriedhöfe.
Wunderschön liegt der Chapala-See vor uns. Weniger schön ist das trübe Wasser mit dem darin beheimateten Getier, das mich vom Untertauchen abschreckt.
Auf dem Campingplatz wieder angekommen, grübeln wir, wie es nun mit unserer Tour weitergehen soll.
Slideshow der Bilder aus dem Bericht 21:
Hier folgt ihr uns zum nächsten Routenabschnitt (Kanada).
Hier kommt ihr zurück zum vorherigen Routenabschnitt (Mittelamerika).
Hier kommt ihr zurück zur Übersicht.